Montag, 16. Februar 2015

Die Soziologie und die Tragik der helfenden Berufe


Im letzten Jahr hatte ich einen Erklärungsansatz für die gegenwärtige Krise der Soziologie und für die geringe öffentliche Aufmerksamkeit der Soziologie vorgestellt. Die Grundthese war und ist, dass die Soziologie durch den Anspruch, die Gesellschaft analysieren und verändern zu wollen, eine widersprüchliche Selbstbeschreibung konstruiert. Bei dieser Selbstbeschreibung bleibt unklar, ob die Soziologie dem Wissenschaftssystem oder dem System sozialer Hilfe zugeordnet werden kann. Diese These wurde vor dem Hintergrund der Theorie funktionaler Differenzierung Niklas Luhmanns aufgestellt, wonach die moderne Gesellschaft in verschiedene Sub- bzw. Funktionssysteme wie Wirtschaft, Politik und eben auch Wissenschaft und helfende Systeme differenziert ist (vgl. Luhmann 1997). Jedes dieser Funktionssysteme erfordert es, dass die professionellen Leistungserbringer jeweils eine andere Leistungsrolle annehmen. Politiker sind keine Priester, Priester sind keine Wissenschaftler, Wissenschaftler sind keine Künstler, Künstler sind keine Politiker usw. Dementsprechend präzisieren sich auch die Erwartungen der potentiellen Leistungsempfänger. Wer Bauchschmerzen hat, geht nicht zum Biologen, sondern zum Arzt. Umso mehr muss mit der Zeit auch eine Selbstbeschreibung auffallen, die eine unklare oder widersprüchliche Leistungsrolle vermittelt. Man geht nicht gern zu Leuten, bei denen nicht klar ist, ob sie einen behandeln oder bekehren wollen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass immer weniger Menschen eine unklar oder widersprüchlich definierte Leistung nachfragen. Daraus kann etwas entstehen, was ich Spirale wechselseitiger Nicht-Beachtung bezeichnet habe. Ein Angebot wird immer weniger nachgefragt bis es irgendwann komplett verschwindet, weil niemand mehr daran interessiert ist. Die Widersprüchlichkeit der soziologischen Selbstbeschreibung steigert ihre Ablehnungswahrscheinlichkeit. Weil die Ablehnungswahrscheinlichkeit durch das eigene Verhalten gesteigert wird, handelt es sich dabei um ein Risiko (vgl. Luhmann 2005 [1990]). Aus dem Anspruch, die Gesellschaft verändern zu wollen, ergibt sich für die Soziologie allerdings noch ein ganz anderes Risiko. Um dieses Risiko soll es im Folgenden gehen.

Die Tragik helfender Berufe

Dieses Risiko ergibt sich aus einer Spezifik helfender Berufe. Mit helfenden Berufen meine ich Ärzte, Sozialarbeiter und Therapeuten jeglicher Art. Sofern sich eine Person nicht nur als hilfsbedürftig erlebt, sondern auch von den professionellen Helfern ein Hilfebedarf festgestellt wurde, beginnt die helfende Kommunikation. Hilfsbemühungen sind jedoch durch eine besondere Paradoxie gekennzeichnet: sie arbeiten an ihrer eigenen Abschaffung. Sobald eine Verletzung oder eine Krankheit geheilt ist, ist die Arbeit des Arztes erledigt. Sobald das jeweilige Problem mit der Hilfe des Therapeuten oder des Sozialarbeiters gelöst ist, besteht kein weiterer Handlungs- bzw. Hilfebedarf. Als Konsequenz daraus ergibt sich, dass Hilfsbedürftigkeit ein Zustand ist, der prinzipiell verändert bzw. beendet werden kann. Ansonsten handelt es sich nicht um einen Hilfebedarf. Der Unterschied für die Entscheidung, ob mit der helfenden Kommunikation weitergemacht oder aufgehört werden soll, besteht darin, dass eine hilfsbedürftige Person sich nicht mehr als hilfsbedürftig erlebt. Helfende Kommunikation aller Art hat sich auf diese Veränderung von Personen spezialisiert. Damit besteht die Aufgabe der Helfer darin, sich überflüssig zu machen bzw. sich abzuschaffen. Ich bezeichne dies als die Tragik helfender Berufe. Dass Helfen überhaupt zu einem Beruf werden konnte, liegt an dem ständig nachwachsenden Hilfebedarf vieler Menschen.

Wenn die Soziologie den Anspruch erhebt, die Gesellschaft verändern zu wollen, dann postuliert sie zugleich die Hilfsbedürftigkeit der Gesellschaft. Ansonsten bestünde ja kein Bedarf sie zu verändern. Eigentlich kann man die Gesellschaft nicht verändern bzw. ihr nicht helfen. Man kann nur Menschen helfen. Darauf hatte ich in den beiden oben verlinkten Texten bereits hingewiesen und werde hier nicht weiter darauf eingehen. Entscheidend ist nur der Anspruch bzw. die erklärte Absicht der Hilfe, egal wem oder was geholfen werden soll. Damit wäre auch die Soziologie von der Tragik helfender Berufe betroffen. Sie erhebt den Anspruch die Gesellschaft verändern zu wollen. Gesetzt den Fall, sie wäre damit erfolgreich, würde sie nicht mehr existieren. Da es in der hier vertretenen theoretischen Perspektive nur eine Gesamtgesellschaft bzw. Weltgesellschaft gibt, impliziert der Anspruch, helfen zu wollen, bereits die Aussicht auf eine Zukunft, in der die Soziologie überflüssig sein wird.

Die sonst so problembewussten Soziologen haben offenbar die Paradoxie, dass Hilfe, wenn sie erfolgreich ist, ihre Selbstnegation impliziert, noch nicht erkannt. Aufgrund der Möglichkeit, dass die Soziologie sich durch Gesellschaftsveränderungen selbst abschafft, ist ihre Selbstbeschreibung ebenfalls riskant. Dieses Risiko leitet sich direkt aus dem Anspruch der Gesellschaftsveränderung ab. Das Risiko wird außerdem noch dadurch gesteigert, dass das Kommunikationsangebot, was die Soziologie mit ihrem Hilfsangebot macht, nur dann Chancen auf Annahme hat, wenn der Eindruck der Veränderungsbedürftigkeit der Gesellschaft auch von den Nicht-Soziologen geteilt wird. Die Behauptung der Veränderungsbedürftigkeit gelingt jedoch nur über die Negation der Gesellschaft durch Kritik. Eine Kritik der Gesellschaft impliziert aber auch eine Kritik der beteiligten Menschen, denn die Gesellschaft reproduziert sich durch das Verhalten der Menschen. Nicht nur, dass die kritische Soziologie sich durch die Negation der Gesellschaft selbst begründet. Darüber hinaus ist es sehr unwahrscheinlich, dass das Hilfsangebot angenommen wird, wenn der Adressat sich zuerst eine Abwertung gefallen lassen muss. 

Deswegen besteht die hohe Kunst der kritischen Soziologie darin, den Menschen zu erklären, dass sie Idioten sind, ohne zu sagen, dass sie Idioten sind. Das ist definitiv kein leichtes Unterfangen und deswegen sind die sprachlichen Verrenkungen, die kritische Theoretiker unternehmen müssen um den Veränderungsbedarf zu begründen, notwendig. Sie versuchen trotzdem auszudrücken, was sie eigentlich nicht sagen können. Das macht es für Nicht-Soziologen umso schwerer soziologische Analysen nachzuvollziehen. Und selbst wenn der Eindruck der Veränderungsbedürftigkeit geteilt wird, können noch erhebliche Differenzen in den Problembeschreibungen und den daraus abgeleiteten Lösungsvorschlägen bestehen, welche das soziologische Hilfsangebot für Nicht-Soziologen ebenfalls unattraktiv erscheinen lässt. Das schließt übrigens nicht aus, dass auch Soziologen selbst den Veränderungsanspruch für unplausibel halten können. Unter Beachtung all dieser Schwierigkeiten stehen die Chancen für die Annahme des soziologischen Hilfsangebots sehr schlecht.

Legitimationsprobleme durch Problemorientierung

Nichts desto trotz ist es sehr aufschlussreich, wenn man die Veränderungsabsicht der Soziologie ernst nimmt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen durchspielt. Eine wichtige Implikation ist die Folgende. Wenn kein Veränderungsbedarf mehr an der Gesellschaft festgestellt werden kann, dann würde der Soziologie eine ihrer wichtigsten Legitimationsgrundlagen verloren gehen. Ist die Gesellschaft nicht mehr veränderungsbedürftig, dann bestünde auch keine Notwendigkeit mehr für die Existenz der Soziologie. Darin ist vermutlich der Grund zu sehen, warum Soziologen heute einen stark problemorientierten Beobachtungsmodus pflegen. Da es häufig nicht ganz einfach zu erklären ist, inwiefern die Soziologie eine Wissenschaft ist, benötigen Soziologen eine Legitimationsgrundlage, die auch von Nicht-Soziologen verstanden wird. Was bietet sich da besser an als vorzugeben gesellschaftliche Probleme lösen zu können. Kaum jemand würde bestreiten, dass es nicht genug davon gibt. Damit eröffnet sich ein schier unerschöpfliche Quelle die eigene Existenz zu begründen. Doch an dieser Stelle steht die Soziologie am Scheideweg zwischen Wissenschaft und sozialer Hilfe. Neben sozialer Hilfe wäre eine weitere Alternative zur Wissenschaft die Flucht in politischen Aktivismus. Diese Alternative soll an dieser Stelle unbeachtet bleiben.

Auffällig ist heute, dass die Soziologie in unzähligen Variationen dieselben gesellschaftlichen Probleme beschreibt, dies Gesellschaftskritik nennt, aber ansonsten nichts zu deren Lösung beigetragen hat. Stattdessen hat es den Anschein als ob heute zumindest die Teile der Soziologie, die sich als gesellschaftskritisch verstehen, in eine Art Überbietungswettbewerb eingetreten sind, bei dem es nur noch darum geht, wer die grauenvollste Beschreibung der Gesellschaft abliefert. Etwas übertrieben formuliert, die gegenwärtige Gesellschaft wird als Hölle beschrieben und aus der Perspektive der kritischen Soziologen können nur sie die Menschen aus dieser Hölle befreien. Durch diese leichte Übertreibung wird außerdem deutlich, dass in den Veränderungsanspruch auch noch das religiöse Erlösungsthema mit reinspielt – speziell wenn es um die Gesellschaft als Ganze geht. Im Erfolgsfalle würde allerdings nur die Gesellschaft von der Soziologie erlöst. Damit das nicht passiert, müssen Soziologen ständig nach neuen Problemen suchen oder die alten einfach anders beschreiben, um weiterhin eine Begründung für ihre Existenz zu haben. Solange es gesellschaftliche Probleme gibt, lässt sich ein Veränderungs- bzw. Hilfebedarf postulieren. Solange wird es auch die Soziologie geben. Seitens der Soziologie besteht deswegen überhaupt kein Interesse daran, die identifizierten Probleme zu lösen. Sie dienen nur dazu die eigene Existenz zu sichern. Mit Kapitalismuskritik lässt sich nur im Kapitalismus gut Geld verdienen. Ohne Kapitalismus besteht kein Bedarf mehr für dessen Kritik.

Sofern weiterhin der Veränderungsanspruch eines der zentralen Motive der Selbstlegitimationsstrategie der Soziologie sein sollte, wird die Pathologisierung der Gesellschaft also niemals aufhören. Doch das beständige Beschwören von Gesellschaftsproblemen nutzt sich mit der Zeit ab. Deswegen müssen die soziologischen Problembeschreibungen immer aufsehenerregender, schriller, unfassbarer werden, um weiterhin öffentlich Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Problembeschreibungen verlieren jedoch aufgrund des fast zwangsläufigen Übertreibungsdrucks ihren wissenschaftlichen Charakter und sind dann allenfalls noch für eine massenmediale Verwertung interessant. Dieses Verhalten der Soziologie ist vergleichbar mit der Geschichte von dem Jungen, der immer „Feuer“ schreit, obwohl es gar nicht brennt. Sobald es wirklich brennt, schenkt man seinen „Feuer“-Rufen keine Beachtung mehr. Es kommt zu einem Abnutzungseffekt dieser Form öffentlich Aufmerksamkeit zu erregen. Je lauter und häufiger die Soziologie gesellschaftliche Probleme beschwört, um die Menschen unter Handlungsdruck zu setzen, desto weniger wird sie als Wissenschaftsdisziplin wahrgenommen. Gesellschaftskritiker betätigen sich dann öffentlich allenfalls noch als professionelle Kassandra-Rufer und die Soziologie verkommt zu einem institutionalisierten Helfersyndrom.

Man könnte diese Entwicklung auch als shifting baseline bezeichnen. Während die Soziologie es nach wie vor für eine attraktive Strategie der Selbstlegitimation hält, die Gesellschaft verändern zu wollen, um sich selbst als edler Retter präsentieren zu können, verspielt sie ihre wissenschaftliche Glaubwürdigkeit durch immer schrillere Gesellschaftsbeschreibungen, aus denen sich ein kaum nachzuvollziehender Veränderungsbedarf ableiten lässt, sofern denn überhaupt über das Problem hinaus gedacht wird. Es besteht für die Soziologie ja kein Anreiz ein entdecktes Problem zu lösen. Wieso sollte man sich also über Lösungen Gedanken machen? Die Hauptsache ist, dass ein Veränderungsbedarf behauptet werden kann. Die Menschen mit scheinbar überwältigenden Problemen zu konfrontieren, reicht schon völlig. Sie werden mit ihren Ängsten, die durch die soziologischen Problembeschreibungen erst geweckt wurden, allein gelassen und die Soziologie kann weiterhin folgenlos die Veränderung der Gesellschaft fordern. Soziologen vertrauen offenbar auf die Pflege eines Images als Helfer, von dem angenommen wird, dass es moralisch geradezu anerkannt werden muss, ohne sich für die Folgen ihres eigenen Handelns zu interessieren. Deswegen zeigen Soziologen heute so gerne Haltung. Sie erwarten lediglich, dass ihre gute Absicht anerkannt wird. Das Hinterhältige an dieser Selbstdarstellung ist, dass man sie nur sehr schwer kritisieren kann, ohne dass den Kritikern selbst schlechte Absichten unterstellt werden. Wer etwas Gutes kritisiert, kann ja nur schlecht sein. Durch gute Absichten macht man sich also in gewisser Weise immun gegen Kritik oder schreckt sie zumindest ab. Doch gerade weil es bei dem soziologischen Veränderungsanspruch weder um Wissenschaft noch um Hilfe geht, sondern lediglich um die moralische Anerkennung als Helfer, wird sie ihr Image langfristig ruinieren und jegliches Vertrauen verspielen. Denn über die Leistung der Problembeschreibung hinaus fallen die meisten Soziologen durch die Unterlassung auf, sich an der Lösung dieser Probleme zu beteiligen.

Die Temperatur steigt

Früher wurde diese Entwicklung einer shifting baseline durch das Beispiel mit dem Frosch im Kochtopf illustriert. Setzt man einen Frosch in einen Topf mit lauwarmem Wasser und erhitzt das Wasser sehr schnell, so wird der Frosch an irgendeinem Punkt den Temperaturunterschied merken und aus dem heißer werdenden Wasser springen, um nicht gekocht zu werden. Erhitzt man das Wasser jedoch sehr langsam, so bemerkt der Frosch nicht den Anstieg der Temperatur. Der Sprungreflex wird nicht ausgelöst und der Frosch bei lebendigem Leibe gekocht. Aus biologischer Sicht hat sich dieser Sachverhalt inzwischen als falsch erwiesen. Gleichwohl wäre in dieser Analogie die Soziologie der Frosch. Man könnte diese Analogie unabhängig von der biologischen Gültigkeit soweit ergänzen bzw. modifizieren, dass die Soziologie selbst es ist, die das Wasser bzw. ihre Umwelt, in der sie operiert, langsam durch ihre Selbstlegitimationsstrategie erhitzt, ohne zu bemerken, dass sie die kühlen Temperaturbereiche der Wissenschaft verlässt und ein heißeres bzw. hitzigeres Milieu schafft, dass mehr in den Relevanzbereich der Massenmedien und der Politik fällt.

Bereits bei der Darstellung der widersprüchlichen Selbstbeschreibung der Soziologie und der Spirale wechselseitiger Nicht-Beachtung hatte ich beschrieben, dass das Risiko der Soziologie darin besteht, sich selbst zu exkludieren. Berücksichtigt man noch die Tragik der helfenden Berufe, die auch die Soziologie mit ihrem Anspruch, die Gesellschaft verändern zu wollen, heraufbeschwört, stößt man auf einen weiteren Aspekt, der die Selbstexklusion der Soziologie vorantreibt. Mit den Schauergeschichten über die Gesellschaft versucht die Soziologie die Gesellschaft verrückt zu machen. Doch aufgrund der Abnutzungseffekte ihrer Schauergeschichten, verfangen diese immer weniger. Wenn man jedoch den Sinn der eigenen Existenz nur in der Veränderung der Gesellschaft sieht, dann folgt daraus nur ein neurotisches »mehr desselben« (vgl. Watzlawick 2007 [1983], S. 28ff.). Die dahinter liegende Steigerungslogik führt zum schleichenden Verlust der Anschlussfähigkeit soziologischer Analysen bei Nicht-Soziologen. Die Gesellschaft immunisiert sich gegen diese kommunikative Zumutung der Soziologie durch Aufmerksamkeitsentzug. Das Einzige, was die Soziologie am Ende verrückt macht, ist sie selbst. Durch Probleme, die man (er)findet, lässt sich keine Existenz sichern, sondern nur durch die Lösungen, die man anbieten kann. In dieser Hinsicht haben weite Teile der kritischen Soziologie ein massives Problem. 

Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Soziologie überhaupt dazu in der Lage ist, die Gesellschaft als Ganze zu verändern? Meine Antwort lautet ganz klar »Nein!«. Dieser Anspruch kann nicht eingelöst werden, weil es faktisch unmöglich ist die Weltgesellschaft zu verändern. Die einzige Möglichkeit aus der beschriebenen Exklusionsdynamik auszubrechen, besteht darin den Anspruch, die Gesellschaft verändern zu wollen, aufzugeben und sich einzig und allein auf die Erfüllung der wissenschaftlichen Ansprüche zu konzentrieren. Dann wird es der Soziologie auch gelingen soziale Veränderungen anzuregen. Kassandra-Rufe allein werden auf Dauer nichts bringen. Mit der Tendenz zu immer unglaublicheren Problembeschreibungen gehen zugleich langsam die Kriterien verloren, mit denen man bestimmen könnte, was als wissenschaftlich gelten kann. Das ist die eigentliche Tragik der Soziologie. Die falsche Selbstbeschreibung als helfendes System führt zum schleichenden Verlust der Wissenschaftlichkeit und es gibt niemanden, der ihr helfen kann, diese Entwicklung zu verändern. Gerade die Selbstbehauptungsstrategie der Soziologie führt zu ihrer eigenen Abschaffung, weil sie faktisch nicht in der Lage ist zu helfen. Die Chancen, dass sie selbst dazu in der Lage ist diese Entwicklung zu verändern, stehen gegenwärtig nicht sehr gut. Dabei wäre sie selbst das Einzige, was sie effektiv verändern könnte. Es sieht nicht gut aus, wenn die selbsternannten Helfer sich nicht mal selbst helfen können. Doch solange der Frosch nicht in der Lage ist, die Unterschiede zwischen Wissenschaft, sozialer Hilfe und Moral zu bestimmen, wird er nicht aus dem heißer werdenden Wasser springen.




Literatur
Luhmann, Niklas (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main
Luhmann, Niklas (2005 [1990]): Risiko und Gefahr. In: ders.: Soziologische Aufklärung 5. Konstruktivistische Perspektiven. 3. Auflage VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden. S. 126 - 162
Watzlawick, Paul (2007 [1983]): Anleitung zum Unglücklichsein. Taschenbuchsonderausgabe 2. Auflage Piper Verlag München

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